Service Learning an der Uni
Vom ehrenamtlichen Engagement profitieren nicht nur die, denen geholfen wird. Auch den Helfenden bringt der Einsatz einiges. Am unmittelbarsten natürlich dann, wenn die Tätigkeit aufs Studium angerechnet wird. In neudeutsch nennt sich das dann „service learning“ – sprich: Lernen durch Engagement
Dabei werden gemeinwohlorientierte Projekte in Seminaren vorbereitet und umgesetzt und am Ende gibt es credit points dafür.
Ehrenamt lohnt sich für alle
Aber auch, wenn dein Ehrenamt nicht gleich in credit points mündet, lohnt das Engagement. Zum einen kannst du dich dabei schon mal umsehen, wohin es beruflich später gehen soll und wertvolle Kontakte knüpfen. Zum anderen schulst du viele Soft Skills. Sprich: Du erwirbst lauter Erfahrungen und Kompetenzen, die dir wegen mangelnder Berufspraxis noch fehlen – und die dir das (Berufs-)Leben leichter machen.
Und: Via Ehrenamt kannst du bei Bewerbungen um Jobs, Praktika oder Stipendien diese von Unternehmen so begehrten Soft Skills auch wirklich belegen. Wer beispielsweise drei Jahre ehrenamtlich bei der Obdachlosenhilfe mitgearbeitet hat, beweist, dass für ihn Einfühlungsvermögen und Ausdauer nicht nur reine Schlagworte sind.
Viele deutsche Unternehmen legen bei der Rekrutierung von Top-Nachwuchskräften großen Wert darauf, dass diese sich jenseits des Studiums irgendwo engagiert haben.
Darüber hinaus hilft dir ein Ehrenamt, aus der Masse der Bewerber herauszustechen. Praktika und Auslandsaufenthalte bringen mittlerweile die meisten Kandidaten mit. Sich für andere einsetzen, ist noch nicht so weit verbreitet
Wo du anpacken kannst
Grundsätzlich hast du für dein Engagement die Wahl zwischen Initiativen aus verschiedensten Bereichen. Hier einige Anregungen:
- Studentische Gremien/Hochschulpolitik: Wer in Hochschulinstitutionen wie Asta, Studentenparlament, Aiesec, Fachschaft oder Studentenwerk mitarbeitet, macht den Kommilitonen das Leben und das Studium leichter.
- Studentische Initiativen: Dazu gehören Klassiker wie Uni-Radio, -Zeitung oder -Fernsehen, aber auch Mentorenschaften für Erstsemester,
Teams
, die Karrieremessen an der Hochschule organisieren, die Initiative
Arbeiterkind
, die es mittlerweile in über 70 Städten gibt und die Studierende aus Nicht-Akademiker-Familien mit Rat und Tat unterstützt, oder aber auch sehr lokale Projekte wie etwa das Nachhaltigkeitsprogramm „
Greening the University
“ der Uni Tübingen.
- Mitarbeit in der Politik: Parteien jeglicher Couleur freuen sich über Nachwuchs und helfende Hände für ihre Arbeit an der Basis. Aber Achtung: Je nachdem, wo man sich später bewirbt, kommt nicht immer jedes Ehrenamt gleich gut an. Insbesondere politisches Engagement kann polarisieren. Tipp für solche Fälle: Im Bewerbungsgespräch lieber ein bisschen mit den inhaltlichen Überzeugungen hinterm Berg halten und dafür die Kompetenzen, die man dort erworben hat, stärker betonen.
- Karitative Einsätze: Ein sehr breites Feld. Hier lässt sich für jegliches Interesse eine passende Aktion finden. Du kannst beispielsweise im Kindergarten oder im Altenheim regelmäßig vorlesen, Obdachlose bei der
Tafel
versorgen, Flüchtlingsfamilien bei Behördengängen begleiten, Kommilitonen am Studentensorgentelefon zuhören, die
Aidshilfe
unterstützen, den Nikolaus im Kinderheim geben, Sterbende im Hospiz begleiten, als Krankenhausclown Kranke aufmuntern, im Frauenhaus helfen, Jugendgruppen im Ferienlager betreuen und vieles mehr...
- Vereinsarbeit: Vereine, seien es welche für Sport, Musik, Tanzen, Kunst oder Theater, können nur funktionieren, indem sich einige Mitglieder stärker engagieren als andere, etwa als Vereinsvorstand, Schriftführer, Kassenwart oder Trainer.
- Katastrophenhilfe & Co: Inmitten von vielen trendigen Hilfsprogrammen sind die Urgesteine des ehrenamtlichen Engagements wie etwa die Freiwillige Feuerwehr, das
Technische Hilfswerk
, die
Johanniter
oder die
Malteser
ein bisschen in Vergessenheit geraten. Zu Unrecht, auch hier gibt es viele spannende und nützliche Ehrenämter.
- Einsatz für Menschenrechte, Umwelt-/Natur- oder Tierschutz: Auch wieder ein Bereich, in dem der Fantasie keine Grenzen gesetzt sind. Die Palette reicht von den großen Klassikern wie
Amnesty
,
Greenpeace
,
WWF
oder
Peta
und
Unicef
bis zu sehr lokalen Projekten gleich vor deiner Haustür: Sei es der jährliche Dreck-Weg-Tag, Hunde-Gassi-führen im Tierheim oder das Bewachen von Nestern bedrohter Greifvögel bei der heimischen Vogelwarte.
- Projekte in Eigenregie: Um sich nützlich zu machen, muss es oft auch gar nichts von dritter Seite Organisiertes sein. Wenn du einem Nachbarskind bei den Hausaufgaben unter die Arme greifst oder die ausländischen Kommilitonen beim Einleben unterstützt, ist das genauso hilfreich für alle Beteiligten. Tipp: Möchtest du selbst ein größeres gemeinnütziges Projekt auf die Beine stellen, bitte deine Hochschule (Lehrstuhl, Fachschaft, Asta etc.) um Hilfe. Viele Unis unterstützen die Vorhaben ihrer Studenten.
- Ehrenamtsplattformen: Viele Bundesländer – wie etwa
NRW
,
Hessen
oder
Hamburg
– haben eigene Portale, wo du dir Anregungen und Ansprechpartner holen kannst.
- Freiwilligenzentralen: Die meisten Städte unterhalten
Freiwilligenzentralen
. Mittlerweile sind es bundesweit über 400 Büros, die ehrenamtliche Projekte zusammenfassen. Dort kannst aus einer Vielzahl von Initiativen in deiner Nähe wählen und dich auch beraten lassen, wenn du unschlüssig bist.
So findest du das passende Ehrenamt
Du hast also die Qual der Wahl. Sinnvollerweise engagierst du dich in einem Bereich, der dir wichtig ist, in dem du etwas bewegen möchtest, der dir Spaß macht, in dem du deine Stärken einbringen kannst oder in dem du alternativ etwas dazulernen möchtest. Vor der konkreten Suche empfiehlt sich also erst mal eine kleine Bestandsaufnahme der eigenen Motivation.
Einen besonderen Charme haben Ehrenämter, in denen du Inhalte aus deinem Studium gleich mal praktisch anwenden kannst. Jurastudenten bieten beispielsweise in so genannten "Law clinics", die es an vielen Hochschulen mit Jura-Fakultät gibt, rechtliche Hilfestellung für Menschen an, die sich keinen Anwalt leisten können. Angehende Mediziner (ab dem achten Fachsemester) können sich im Umgang mit Patienten schulen, indem sie zum Beispiel bei „Was hab ich“ mitmachen. Auf dieser Online-Plattform senden Patienten ihre Befunde ein, wo sie von Studenten in eine verständliche Sprache übersetzt werden.
Ingenieursstudenten bringen ihre technischen Kenntnisse in ehrenamtlichen Initiativen wie "Technik ohne Grenzen" oder "Ingenieure ohne Grenzen" bei Brücken-, Strassen- oder Brunnenbauprojekten in Entwicklungsländern ein.
Und in der gemeinnützigen Initiative Enactus, kommen Studenten aller Fachrichtungen zusammen, um Hilfsprojekte rund um den Globus auf die Beine zu stellen. Enactus-Teams gibt es derzeit an 1.000 Hochschulen mit 42.000 Sturienden. Du kannst mit deren Unterstützung aber auch selbst eines an deiner Uni gründen.
Zeit ist auch im vollsten Terminkalender
Vorlesungen, Hausarbeiten, Prüfungen, Nebenjob, Praktika – Wie soll in einen eng gesteckten Stundenplan überhaupt noch ein Ehrenamt reinpassen? Eine berechtigte Frage. Da überlegt man besser zweimal, bevor man eine weitere Verpflichtung eingeht.
Trotzdem muss sich keiner allein deshalb das soziale Engagement verkneifen, denn die Palette an Hilfsprojekten ist breit. Da lässt sich auch etwas für Menschen mit wenig Zeit finden. AlsLeselernhelfer für ein Kind kommt man zum Beispiel schon mit einer Stunde pro Woche zurecht. Alternativ gibt es auch
Hilfsangebote
, die sich an den eigenen Rhythmus anpassen lassen, weil sie online zu erledigen sind. Da hast du dann beispielsweise die Aufgabe, für ein Projekt in Sri Lanka eine Spenderdatenbank anzulegen oder Filmgesellschaften für eine Menschenrechts-Dokumentation zu recherchieren.
Solltest du befürchten, wegen eines aufwendigen Ehrenamtes länger zu studieren und dadurch bei der Jobsuche Nachteile zu haben, kannst du beruhigt sein: Gleich mehrere Befragungen unter Personalverantwortlichen ergaben, dass Unternehmen gut mit ein, zwei Semestern jenseits der Regelstudienzeit leben können, sofern der Bewerber sie sinnvoll – etwa mit einem Ehrenamt – gefüllt hat.
Steuervorteile gibt’s auch
Erhältst du für dein Engagement einen kleinen Obulus, so werden auf ihn keine Steuern und Sozialabgaben fällig, solange er 840 Euro pro Jahr nicht übersteigt. Geregelt ist die so genannte Ehrenamtspauschale im Einkommensteuergesetzes. Um sie in der Steuererklärung ansetzen zu können, muss dein Ehrenamt in einer öffentlich-rechtlichen oder gemeinnützigen Körperschaft angesiedelt sein und gemeinnützigen, kirchlichen oder mildtätigen Zwecken folgen. Zudem darf es zeitlich nicht mehr als ein Drittel einer Vollzeittätigkeit ausmachen, sprich: es muss nebenberuflich sein. Achtung: Für das gleiche Ehrenamt lassen sich Ehrenamtspauschale und Übungsleiterfreibetrag nicht kombinieren.
Fazit
Ein studentisches Ehrenamt bietet viele Vorteile. Neben der Freude, etwas Gutes für die Gesellschaft zu tun, sammelst du Erfahrung für dein späteres (Berufs-)Leben. Je nach Tätigkeitsbereich kannst du dich für Mitstudierende einsetzen oder in Projekten für das Gemeinwohl mitwirken. Da eine ehrenamtliche Tätigkeit zeitintensiv und unentgeltlich ist, solltest du dir jedoch vorab überlegen, ob das Vorhaben in deinen Studienalltag passt. Aber sei dir sicher: Engagement für andere bereichert das eigene Leben.