Für Schnellleser
- Studentische Unternehmensberatungen übernehmen als sog. Junior Enterprises (JE) bezahlte Beratungsaufträge aus Wirtschaft, Verwaltung und Politik
- Sie sind meist als eingetragene Vereine organisiert und in unterschiedlichen Schwerpunkten tätig
- Die Auftraggeber profitieren vom aktuellen wissenschaftlichen Wissen der Berater; die Berater bekommen die Möglichkeit, ihr Wissen praktisch anzuwenden
- Um als studentischer Berater tätig zu sein, solltest du fünf bis zehn Stunden in der Woche aufbringen können
- Wer mitmachen möchte, muss sich einem Auswahlverfahren unterziehen
- Ehrenamtliches Engagement ist die Basis für die Arbeit in einer studentischen Unternehmensberatung. Auf Projekten kann Geld verdient werden
- Als aktiver Berater und später auch Alumni profitierst du vom Netzwerk und kannst Teil der Idee der studentischen Unternehmensberatung bleiben
- der
BDSU
ist als Dachverband für Qualitätssicherung und den Austausch unter den angeschlossenen Beratungen verantwortlich
Raus aus Jeans und Hoody, rein in Anzug oder Kostüm. Wenn du dich in einer studentischen Unternehmensberatung engagierst, lernst du schon während des Studiums das Beraterleben kennen und das fängt nun mal beim Outfit an. Doch bei den Jungberatern geht es in erster Linie nicht ums äußere Erscheinungsbild, sondern um praktische Tätigkeit, bezahlte Projekte und Verantwortung, denn die Beratungsprojekte finden bei am Markt etablierten Unternehmen statt– hier wird nichts simuliert.
Als etwa die Maler- und Lackiererinnungen Ostwestfalen-Lippe vor einiger Zeit ein Konzept für die Nachwuchswerbung für den Malerberuf benötigte, beauftragte sie eine studentische Unternehmensberatung aus Bielefeld. „Wir haben dann eine Befragung in der Zielgruppe durchgeführt, die Ergebnisse aufbereitet und einen Maßnahmenplan für die verschiedenen Ebenen der Nachwuchswerbung aufgestellt“, erklärt Alexander Pfaffenrot, der an dem ca. vier Monate dauernden Projekt beteiligt war. Heute ist er als 2. Vorsitzender im Vorstand des
Bundesverbandes Deutscher Studentischer Unternehmensberatungen e. V.
aktiv.
Dachverbände BDSU und JCNetwork
Der
BDSU
und
JCNetwork
kümmern sich um die Interessenvertretung der studentischen Unternehmensberatungen in Deutschland. Als der ältere und größere der beiden Dachverbände studentischer Unternehmensberatungen sorgt der BDSU für Qualitätssicherung und Weiterbildung der ihm angeschlossenen Beratungen und stellt eine Plattform für das Netzwerken und den Austausch mit der Wirtschaft bereit. Mehrere Veranstaltungen, darunter zwei Kongresse mit mehr als 300 Teilnehmern, werden dazu jährlich organisiert. Der nächste Frühjahrskongress findet vom 17. bis 20. März 2016 in Münster statt.
Die Idee der studentischen Unternehmensberatung gibt es schon recht lange: Sie entstand 1967 in Frankreich an der ESSCE Business School. Zum ersten Mal konnten sich Studenten nicht nur im Hörsaal Wissen aneignen, sondern diese Kenntnisse Unternehmen in der freien Wirtschaft zur Verfügung stellen und dabei Praxiserfahrung sammeln – fernab von herkömmlichen Praktika.
Bis heute bringt die Idee der studentischen Unternehmensberatung auch in Deutschland Studenten aller Fächer mit der Wirtschaft zusammen und schafft damit eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis. Die Beratungen bezeichnen sich selbst als Junior Enterprises (JE), mittlerweile sind insgesamt 31 davon mit über 2.200 Studenten im BDSU organisiert. Zur Wirtschaft halten der BDSU und die JE über Kooperations- und Sponsoringvereinbarungen engen Kontakt, auch MLP gehört zu den sog. Kuratoren des BDSU.
Anspruchsvoller Aufnahmeprozess
Wenn du nun meinst: Genau mein Ding! Solltest du dich an deinem Unistandort auf die Suche nach einer studentischen Unternehmensberatung machen. Allerdings reicht es nicht, nur einen Aufnahmeauftrag auszufüllen: Die Vereine stellen hohe Anforderungen an ihre Mitglieder. Als Bewerber durchläufst du einen Auswahlprozess wie bei einer ähnlichen Stelle in einem Unternehmen mit schriftlicher Bewerbung, Assessmentcenter und Gespräch.
Hast du es geschafft, kommst du zunächst in ein Weiterbildungsprogramm und erhältst in verschiedenen Kursen erforderliche Qualifikationen wie etwa Projektmanagement oder Rhetorik. Erst nach erfolgreich absolvierter Vorbereitung kannst du dich in deinem Verein auf dein erstes Projekt bewerben. Viele Projekte kommen aus dem Bereich Marketing, Qualitätsmanagement und Finanzen aber auch Strategiethemen können dabei sein.
Die studentische Beratungen funktionieren dabei wie konventionelle Beratungsgesellschaften, müssen also ihre Kunden selbst akquirieren, Angebote erstellen und Projekte abwickeln - die Uni bzw. die Professoren halten sich raus. Ist ein Kunde gewonnen, gründen die Projektbeteiligten eine gesonderte Projektgesellschaft zur Durchführung des Auftrages, z.B. eine GbR oder eine UG und schon geht’s los. Der „Umweg“ über eine Projektgesellschaft ist nötig, weil sich Vereine in Deutschland in der Regel nicht wirtschaftlich betätigen dürfen.
Dein Einsatz hängt von deinem Zeitbudget ab: Als Projektleiter können auch mal 20 Stunden in der Woche zusammenkommen. Arbeitest du in einer anderen Funktionen mit, sind es rund fünf bis zehn Stunden. Am Schluss wird mit dem Kunden über die gegründete Beratungsgesellschaft zu Tagessätzen zwischen 200 und 400 Euro abgerechnet. Das Geld geht an die Projektbeteiligten aber auch der Verein bekommt einen Teil für seine Arbeit. Danach wird die Gesellschaft wieder aufgelöst.
Erfahrungen sammeln geht vor Geldverdienen
Das hört sich nach einer guten Verdienstmöglichkeit an, dein konkretes Honorar hängt aber davon ab, wieviel Projektarbeit durch wirklich machst. Sicher wirst du nicht dauerhaft das ganze Jahr über bei einem Kunden arbeiten- und- erklärt Alexander Pfaffenrot: „Wir erwarten auch, dass die Mitglieder ehrenamtlich für den Verein tätig sind.“ Wichtig ist dem BDSU auch die Qualitätssicherung. Für jedes Projekt findet eine Evaluation statt, schließlich sind nur zufriedene Kunden die Basis für neue Aufträge.
Deine Hauptmotivation, dich bei einer studentischen Unternehmensberatung zu engagieren, sollte also nicht im Geldverdienen liegen. Vielmehr geht es dir darum, früh praktische Erfahrung zu sammeln und Verantwortung zu übernehmen. Im Gegenzug wirst du Mitglied in einem großen Netzwerk, sammelst berufliche Erfahrung, knüpfst Kontakte zur Wirtschaft und hast Gelegenheit zu testen, ob der Beraterberuf etwas für dich ist.
In einer typischen studentischen Unternehmensberatung triffst du meist auf Studierende aus dem Umfeld der Wirtschaftsstudiengänge aber auch Wirtschaftsingenieure, Informatiker und Juristen sind vertreten (Frauen und Männer ungefähr zu gleichen Teilen). Die Vereine freuen sich aber über jede Bewerbung, nicht nur aus diesen Fächern – egal ob Bachelor- oder Masterstudent oder gar Doktorand, meint Pfaffenrot.
Wenn du dann dein eigenes Studium absolviert hast, kannst du im Alumniverein, dem BDSU Alumni e.V., Mitglied werden, in den jeder ehemalige studentische Berater einer BDSU Mitgliedsinitiative eintreten kann.
Übrigens: Sollte es an deiner Uni noch keine passende studentische Unternehmensberatung für dich geben, suche dir doch einfach ein paar Gleichgesinnte und gründe selbst eine. Bei der Gründung kann der BDSU mit seiner Gründermappe und beratend durch den Vorstand Qualitätsmanagement unterstützen.