Hast du Anspruch auf elternunabhängiges BAföG?
Normalerweise ist die BAföG-Förderung vom Einkommen der Eltern abhängig. Doch es gibt Ausnahmen – vor allem für Studierende, die vor dem Studium mehrere Jahre erwerbstätig waren.
Normalerweise ist die BAföG-Förderung vom Einkommen der Eltern abhängig. Doch es gibt Ausnahmen – vor allem für Studierende, die vor dem Studium mehrere Jahre erwerbstätig waren.
Deine Eltern sind verpflichtet, dir eine „angemessene Vorbildung zu einem Beruf“ zu finanzieren, denn diese ist die Grundlage dafür, dass du später selbst für deinen Lebensunterhalt aufkommen kannst. Angemessen kann eine Berufsausbildung sein, aber auch ein Studium. Ist die Ausbildung als solche außerdem nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) förderungsfähig – was bei einem Studium in aller Regel der Fall ist –, hat der Ausbildungsunterhalt der Eltern stets Vorrang. Deshalb wird bei jedem BAföG-Antrag geprüft, inwieweit sich deine Eltern an der Finanzierung deiner Ausbildung beteiligen können und müssen. Dieser Betrag wird dann auf deinen BAföG-Bedarf angerechnet. Nur wenn eine Unterhaltspflicht der Eltern nicht mehr besteht oder spezielle Umstände ausschließen, dass sie dir Unterhalt zahlen, kannst du ausnahmsweise elternunabhängig gefördert werden.
Das Einkommen deiner Eltern spielt keine Rolle, wenn du bei Aufnahme des Studiums bereits über 30 bist. Voraussetzung ist allerdings, dass du überhaupt noch gefördert werden kannst, denn nach Überschreiten der Altersgrenze gibt es BAföG nur noch in Ausnahmefällen. Welche das sind, kannst du im Artikel Kein BAföG-Anspruch (mehr): selbst schuld?! unter der vorletzten Zwischenüberschrift nachlesen.
Nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung hast du ebenfalls eine Chance auf elternunabhängiges BAföG für ein Studium. Die Ausbildung allein reicht jedoch nicht aus. Du musst bei Studienbeginn außerdem unter 30 sein, nach (!) der Berufsausbildung mindestens drei Jahre gearbeitet haben und mit der Ausbildung zusammen auf mindestens sechs Jahre kommen. Wenn die Ausbildung also z. B. nur zwei Jahre gedauert hat, musst du danach vier Jahre erwerbstätig gewesen sein.
Du musst nicht zwingend Vollzeit und in dem Beruf gearbeitet haben, für den du ausgebildet wurdest. Wichtig ist jedoch, dass du so viel verdient hast, dass du damit deinen Lebensunterhalt bestreiten konntest. Warst du abhängig beschäftigt, muss dein Verdienst brutto mindestens 120 % des jeweils geltenden BAföG-Bedarfssatzes für Studierende, die nicht bei ihren Eltern wohnen, betragen haben. Dabei bleibt der Kranken- und Pflegeversicherungszuschlag unberücksichtigt. Seit Oktober 2010 liegt der Bedarfssatz bei 597 Euro. 120 % dieses Betrages sind also 716 Euro. Im Oktober 2016 erhöht sich der Bedarfssatz auf 649 Euro. Der Mindestverdienst liegt dann bei 779 Euro. Warst du selbstständig tätig, genügt es, wenn du nicht überwiegend Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) bezogen hast.
Zur Erwerbstätigkeit zählen auch Zeiten, in denen du z. B. krank, arbeitslos, erwerbsunfähig oder im Mutterschutz warst, sofern du in dieser Zeit finanzielle Leistungen bezogen hast, z. B. Krankengeld oder Arbeitslosengeld I (nicht Arbeitslosengeld II). Die Höhe der Leistungen muss mindestens so hoch gewesen sein wie der jeweils geltende BAföG-Bedarfssatz. In diesem Fall werden auf diesen also keine 20 % aufgeschlagen.
Unabhängig von der Höhe der Einnahmen können folgende Tätigkeiten Zeiten der Erwerbstätigkeit ersetzen: die Ableistung von Freiwilligendiensten, Wehr- und Zivildienst sowie die Betreuung eines Kindes unter 10 Jahren oder eines älteren behinderten Kindes, das auf Hilfe angewiesen ist, im eigenen Haushalt.
Für ein Masterstudium kannst du elternunabhängiges BAföG erhalten, wenn du ein Bachelorstudium (und kein anderes Studium) abgeschlossen hast und danach mindestens drei Jahre erwerbstätig warst. Weitere Voraussetzung ist, dass du das Masterstudium vor deinem 35. Geburtstag aufnimmst.
Ohne abgeschlossene berufsqualifizierende Ausbildung musst du zwischen deinem 18. Geburtstag und dem Beginn des Studiums mindestens fünf Jahre erwerbstätig gewesen sein, um elternunabhängig gefördert werden zu können. Bezüglich der Erwerbstätigkeit und Ersatzzeiten gilt dasselbe wie für die Erwerbstätigkeit nach einer Ausbildung. Ferner musst du bei Studienbeginn unter 30 sein.
Es kann sein, dass du keine der o. g. Voraussetzungen erfüllst, deine Eltern aber auch keinen Unterhalt mehr zahlen (müssen), weil sie ihrer Unterhaltspflicht längst nachgekommen sind. Der klassische Fall ist der, dass du bereits eine Ausbildung abgeschlossen hast, trotzdem aber noch ein Studium absolvieren willst. Leider kommst du nicht auf die geforderten drei Jahre Erwerbstätigkeit nach der Ausbildung, womit elternunabhängiges BAföG ausscheidet. Besteht ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen Berufsausbildung und Studium, müssen die Eltern zwar auch noch ein Studium finanzieren, in deinem Fall fehlt es jedoch an diesem Zusammenhang.
In so einer Konstellation wird das BAföG-Amt Einkommen deiner Eltern auf den BAföG-Bedarf anrechnen, für dich geht die Rechnung aber nicht auf, weil du tatsächlich keine Chance hast, den anzurechnenden Betrag von deinen Eltern zu erhalten. Die Folge: Du bekommst zwar BAföG, aber zu wenig, um über die Runden zu kommen. War es das dann mit dem Studium? Nein, war es nicht, denn du kannst in dieser speziellen Situation elternunabhängiges BAföG über den Umweg des sog. Vorausleistungsverfahrens erhalten. Dafür füllst du neben den sonstigen Antragsformularen das Formblatt 8 aus.
Autorin: Nicola Pridik